Deutsches Classico in Ramallah

Für die Fans in Ramallah war die Paarung des gestrigen Abends die Höchststrafe. Denn Palästinenserinnen und Palästinenser teilen sich in der Regel in zwei Gruppen (nein, nicht Hamas und Fatah, die haben beide schon längst die Zustimmung der meisten verloren): In Gaza, Ostjerusalem und Westbank ist man entweder Barcelona- oder Real Madrid-Fan. Vor dem Classico, das jeweils Tausende in die Kaffehäuser lockt, werden in Ramallah in der Stadtmitte Clubfahnen und Trikots verkauft. Für beide Sympathien haben, das geht nicht. Im Winter, als in Ramallah Schnee lag, habe ich Kinder gehört: „Ihr seid Real, wir sind Barca“, so die Einteilung vor einer Schneeballschlacht.IMG_2828

Auch Fußball ist in Palästina natürlich politisch. Seit 1998 ist Palästina FIFA Mitglied und derzeit auf Platz 153 der Weltrangliste. Eine Steigerung ist schwer, so lange die Westbank besetzt bleibt und aufgrund der Teilung zwischen Gaza und Westbank kein regulärer Spielbetrieb möglich ist. 2012 erreichte der palästinensische Nationalspieler Mahmud Sarsak erst durch einen Hungerstreik, nach dessen Ende er nur noch 30 Kilo wog, die Freilassung aus einer dreijährigen Haft, zu der er nie verurteilt worden war. Auch die Treue zu den beiden spanischen Lieblingsvereien wird bisweilen politischen Proben ausgesetzt: Wenn Barcelona den israelischen Soldaten und Ex-Geisel Gilad Shalit einlädt oder Ronaldo Millionen für Kinder in Gaza spendet.

Neben dem spanischen Fußball kommt lange Zeit für die palästinensischen Fans erstmal nichts. Das liegt an der Dominanz, am erfolgreichen „Tiki-Taka“ der vergangenen Jahre. Deshalb löste das „deutsche Classico“ hier wenig Begeisterung aus: Erst schmiss Dortmund Real raus, dann setzte es auch noch eine derbe Klatsche für Barcelona. Ausgerechnet die beiden verehrten Vereine schmissen die Deutschen raus. Nur eine Handvoll-Bayernfans gibt es schon: in der „Snowbar“, einem Biergarten in Ramallah, wurde ausgelassen gefeiert. Vielleicht der Beginn einer neuen Ära?


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