Vorsicht Bayreuth!

Kürzlich am Ben Gurion Flughafen in Tel Aviv: In der Schlange vor uns steht ein äterer Herr mit Bauch und Schnäuzer. Ich sehe schon, dass es sich um einen Deutschen handelt, bevor er seinen dunkelroten Pass hervorkramt. Dann kommt die Frau von der israelischen Grenzbehörde. „Where are you from?“ „Tschörrmany“ „Where were you born?“ Beirut. Man kann förmlich sehen, wie die Halsschlagader der Dame anschwoll. Beirut??? Da muss sich um einen irgendwie gefährlichen, terroristisch motivierten Spion handeln. Der Mann hat wohl etwas mitbekommen und wedelt jetzt mit seinem Pass, „Bayreuth, Bayreuth.“ Ah, Bayreuth, Deutschland, nicht Beirut. Die Welt ist wieder in Ordnung….

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Beirut???? (Photo CC 3.0).

 

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Nö, Bayreuth!!! (Photo CC 3,0).

 

 

 

 

 

 

 

Das Thema Sicherheitsbefragung bei der Ein- und Ausreise nach Israel ist ein Dauerthema besonders bei all jenen, die wie ich in der Westbank arbeiten, aber stes über Israel einreisen müssen.Verbunden sein können damit langwierige Befragungen, Wartezeiten, unangenehme Kontrollen, Durchsuchen oder Leibesvisitationen. Zwar erging es Obama nicht so, wie Nicolas Pelhem es sich in Haaretz ausgemalt hat. Aber all jene, deren Herkunft  in den Ländern der arabischen oder islamischen Welt liegt, müssen mit Problemen rechnen. Ganz besonders im Ausland lebende PalästinenserInnen und ihre Nachkommen, denen oftmals ganz die Einreise verweigert wird, so wie im Fall einer palästinsisch-amerikanischen Lehrerin – Hilfe seitens der US-Behörden bliebt in solchen Fällen aus.

Auch palästinensische Politiker können nur mit israelischer Erlaubnis die Westbank verlassen – Spitzenpolitiker haben zwar „VIP-Status“, der aber ebenfalls jederzeit entzogen werden kann.  Unlängst traf ich selbst einen hochrangigen, älteren PLO-Führer an der Allenby-Brücke, dem Grenzübergang nach Jordanien, der dort zusammengesunken auf einem Stuhl saß und auf seine Ausreise wartete. „They make me do this a lot recently“ war sein resignierter Kommentar. Ebenso häufig werden politische Besucher abgewiesen – so wie letzten Montag zwei marokkanische Parlamentarier.

Eine weitere Kategorie von Personen, deren Einreise vom israelischen Staat unerwünscht sind, sind all jene die als „pro-palästinensische AktivistInnen“ angesehen werden. In dieser Kategorie kann man allerdings recht schnell landen. Und ganz sicher gilt es für jene, die auf das Problem hinweisen wollen, das Israel den freien Zugang zu den palästinenisischen Gebieten nach Belieben kontrolliert, wie auch deutsche Friedensaktivisten erfahren mussten. Dabei werden in jüngster Zeit sogar Reisende aufgefordert ihre Email-accounts vor den Augen der israelischen Sicherheitsbeamten zu öffnen, um dort Informationen zu sammeln. Eine Grenzüberschreitung, deren Zurückweisung aber zum erzwungenen Verlassen des Landes führen kann.

Das sich „verdächtige“ Reisende – dazu zählen oft Mitarbeiter palästinensischer und internationaler NGOs – bis auf die Unterhose ausziehen müssen ist nicht neu. Selbst Diplomaten, eigentlich durch das Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen vor derlei Behandlung geschützt, sind von solcher Behandlung nicht ausgenommen. Ein UN-Beamter ist einmal, so eine Anekdote die Guy Delisle in seinem wunderbaren Jerusalem-Comic erzählt, vor lauter Verärgerung über das Spießrutenlaufen splitternackt in die Empfangshalle gelaufen, um erst dort seine Klamotten wieder anzuziehen.

 


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