Seit gestern abend ist Syrien abgesehen von ein paar Satellitenverbindungen vom Internet abgeschnitten. Laut Aussagen der syrischen Regierung ist das kein Grund zur Sorge: man arbeite an der Reparatur, es sei nur ein beschädigtes Kabel. Ein Video zeigt allerdings, dass der Blackout nicht abrupt erfolgte: Man sieht, wie innerhalb von zwei Minuten ein Verbindungsstrang nach dem nächsten erlischt.
Es ist nicht das erste Mal, dass die syrische Regierung zu dieser Maßnahme greift. Bereits im November 2012 gab es einen 24stündigen Internet-Blackout, damals wurde auch das Handy-Netz in vielen Landesteilen abgeschaltet. Warum ist das syrische Regime daran interessiert, die Kommunikation zu kappen?
Im November 2012 waren dem Schweigen des Netzes Gerüchte über eine großangelegte Rebellen-Offensive in Damaskus vorausgegangen. In diesem Zusammenhang wurde argwöhnt, dass Regime wolle sich schützen, in dem es den Aufständischen die Koordination via Internet erschwere. Momentan allerdings steckt die Freie Syrische Armee in Damaskus eher in der Klemme, da ihre wichtigsten Versorgungsrouten unterbrochen sind. Ich frage einen Aktivisten, ob er sich vorstellen kann, dass — wie einige Twitterer vermuten — das Regime neue Überwachungstechnik einbaue. „Die Zeiten, dass es für eine Verhaftung eines Belegs, eines Beweises oder auch nur eines Verdachts bedurft hätte, sind lange vorbei,“ meint er. Als alles ruhig gewesen sei, habe das Regime Zeit gehabt, sich um Internet-Aktivismus zu kümmern. Jetzt habe es andere Sorgen.
Vor internationaler Aufmerksamkeit, das haben die vergangenen Jahre gezeigt, muss das Regime sich jedenfalls nicht fürchten. Erst am vergangenen Wochenende wurden in der Küstenstadt Banias und einem Nachbarort erneut Massaker verübt, und die sunnitische Bevölkerung aufgefordert, die Stadt zu verlassen.
Bilder, zu verheerend um sie hier einzustellen, zeigten, was sich abgespielt hatte. Die internationale Diskussion war jedoch so von dem israelischen Luftschlag nahe Damaskus in Anspruch genommen, dass das darüber unterging. Dass die Milizen des Regimes sich keine Sorgen darüber machen, für ihre Taten zur Verantwortung gezogen zu werden, sieht man auch an einem anderen Umstand. Während Beteiligte in anderen Konflikten alles daran setzen, ihre Spuren zu verwischen, sind es in Syrien die Schergen selbst, die sich bei ihren Gräueltaten filmen und diese Videos dann für ein paar hundert Dollar verkaufen.
„Was ist während des letzten Internet-Blackouts geschehen?“ frage ich einen syrischen Freund. „Das Regime hat scharenweise Leute verhafet,“ sagt er, „nichts anderes als sonst. Nur mehr. Aber natürlich verstärkt es die Angst, wenn man völlig von der Außenwelt abgeschnitten ist.“