Wäre Kunst die entscheidende Disziplin in der Auseinandersetzung der syrischen Revolutionäre mit dem Regime, gäbe es gar keinen Zweifel am Ausgang. Gegen die kreative Blüte unter Oppositionellen hat das Regime, dessen Kunstverständnis sich im wesentlichen darin ausdrückt, talentfreie Maler immer neue Präsidenten-Portraits entwerfen zu lassen, einfach keine Chance. Aus Furcht vor seiner spitzen Feder brachen staatlich beauftragte Schläger dem Karikaturisten Ali Ferzat 2011 die Hände. Er konterte mit eimem Selbstportrait aus dem Krankenbett.
Fällt Assads Getreuen eine Sprühdose in die Hände, ist das ästhetische Desaster vorprogrammiert, und eigentlich braucht man sich die Mühe des Lesens nicht zu machen.
Ihr Repertoire besteht aus wenigen aber beharrlich wiederholten krakeligen Slogans: „Assad oder keiner,“ „Assad für immer oder wir brennen das Land nieder“ – oder die Signatur, die die syrische Armee in den von ihr verwüsteten Orten neben dem erschossenen Vieh und den zerbombten Getreidespeichern zurückzulassen pflegte: „Liwa al Maut“ – die „Brigade des Todes.“
Dem gegenüber stehen die brillanten Transparente des kleinen Orts Kafranbel in Nordsyrien. Legendär sind auch die „Mauern von Saraqeb“, auf denen sich Poesie und Prosaisches mischen. Eine Kalligraphie mahnt: „Sag denjenigen, die den Müll aufsammeln: danke!“, eine andere „Sing für die Verschwundenen“ oder „Vom Tod belagert“.
Der neueste Graffiti-Einzeiler des syrischen Künstlers Alaa Ghazal in Beirut zeigt eine durch Bart und Soldatenhelm angedeutete Figur, neben der „Nieder mit dem Regime“ steht. Weder, so die Botschaft, will man sich von dem auf Assads Seite herrschenden Militär noch von den Islamisten, die sich in den befreiten Gebieten breitmachen, regieren lassen.