Wärend der Libanon damit befasst ist, einen neuen Präsidenten zu wählen, laufen in Syrien die Vorbereitungen zur Wiederwahl des alten Präsidenten auf Hochtouren. Für den 3. Juni sind Präsidentschaftswahlen anberaumt, bei denen Bashar al-Assad der einzig aussichtsreiche Kandidat erscheint. Um seinen Sieg sicherzustellen, diskutiert das syrische Parlament gerade die Verabschiedung von Verfassungsänderungen. Viel Mühe dürfte Assads Wahlsieg nicht kosten, denn frei waren die Wahlen ohnehin nie. Aber Bashar al-Assad schätzt das Mäntelchen der Legitimität, egal wie mottenzerfressen es ist. Er hat seine eigene Kandidatur zwar noch nicht offiziell bestätigt, der vorgelegte Kriterienkatalog ist ihm aber wie auf den Leib geschnitten.
Schon nach dem Tod Hafez al-Assads 2000 war eine eilige Verfassungsänderung nötig, um Bashar ins Amt zu hieven. Das Mindestalter des Kandidaten auf wurde auf Bashars damals 35 Jahre heruntergesetzt. Nun sollen es wieder 40 Jahre sein. Kandidaten müssen darüber hinaus in den vergangenen zehn Jahren permanent in Syrien gelebt haben – eine Bedingung, die auf Bashar 2000 noch nicht zugetroffen hätte –, sie dürfen weder eine andere Staatsbürgerschaft besitzen oder besessen haben noch nicht mit einer nicht-syrischen Frau verheiratet sein. Überdies muss jeder Kandidat die Unterstützung von 35 der regimeverlesenen Abgeordneten haben – deren jeder wiederum keinen weiteren Kandidaten unterstützen darf.
Ein Zugeständnis ist, dass die Amtszeit künftig auf zwei Legislaturperioden begrenzt werden soll. Früher warb das Regime prominent mit dem Slogan „Assad für immer“, bei dem liebevoll einer der Buchstaben als Herz dargestellt und rot ausgemalt wurde. Mit Beginn der Revolution wurde es rustkaler. Die syrische Armee sprühte an den Orten ihrer Verheerung „Assad für immer – oder wir brennen das Land nieder auf die Mauern.“ Die neue Regelung würde Assad immerhin weitere 14 Jahre im Amt bescheren. Das heißt, bis zur nächsten Verfassungsänderung.
Am interessantesten ist aber vielleicht genau das, was nicht angetastet wird: Weiterhin lässt die Verfassung ausschließlich ein muslimisches Staatsoberhaupt zu. Inwieweit Alawiten, zu denen Assad zählt, als Muslime durchgehen, ist, nebenbei bemerkt, unter muslimischen Geistlichen keinesfalls unumstritten. Das hat der Autor Habib Abu Zarr unlängst im Magazin Zenith genauer beleuchtet: Die angebliche Fatwa, auf die Hafez al-Assad sich diesbezüglich berufen hat, existiert nicht.
Ganz klar ist die Botschaft jedoch für Christen. Sie taugen als Schutzbefohlene, vorausgesetzt, dass sie sich klar auf seine Seite stellen. Sie werden instrumentalisiert, damit das Regime im Ausland seinen Beschützermythos aufrechterhalten kann. Wie gut das funktioniert, haben gerade zu Ostern wieder westliche Berichte gezeigt, in denen all die Christen, die der Opposition angehören, die Luftschlägen, Vertreibung und Verfolgung durch das Regime ausgesetzt sind oder aufgrund der flächendeckenden Zerstörung der Hospitäler medizinisch nicht versorgt werden können, schlichtweg nicht vorkommen. Wenn Christen aufbegehren, verfolgt das Regime sie wie viele andere Unschuldige auch mit unerbittlicher Härte. Sie werden verhaftet, verfolgt oder zu Tode gefoltert. Jüngstes prominentes Beispiel ist Wissam Fayez Sara, der Sohn des Oppositionspolitikers Fayez Sara, der in Assads Kerkern ermordet wurde, während das Regime sich gerade am Verhandlungstisch in Genf befand. Von vollwertiger Staatsbürgerschaft, die auch eine Übernahme der Verantwortung in höchster Position beinhalten würde, bleiben Christen explizit ausgeschlossen.
Sowohl UN-Generalsekretär Ban-Kin Moon als auch Syrien-Sondervermittler Lakhdar Brahimi warnten davor, in der derzeitigen Situation Wahlen abzuhalten. Das widerspreche „den Worten und dem Geist von Genf“ und werde die Opposition eventuell zu einem Boykott der Verhandlungen bewegen.
Syrische Aktivisten und Kommentatoren drehen Assads makaberes Spiel eine Umdrehung weiter. Sie haben unter dem Hashtag #AssadCampaingSlogans eine Twitter-Kampagne gestartet, in der sie Wahlslogans für das Regime ersinnen: Ein Tweet, geziert mit einem Foto des strahlenden Präsidentenpaars besagt: „Wir sorgen seit 2011 für das „Lachten“ im „Abschlachten“. Einige schicken Wortspiele mit dem Namen Assads regierender Baath-Partei an. So schlägt der syrische Journalist Hassan Hassan vor „Assad nicht mit dem Baath-Wasser auszuschütten.“ Andere zyinsche Werbesprüche, die Assad in den Mund gelegt werden, lauten: „Ich werde Syrien aus Ruinen wiederauferstehen lassen – sobald ich damit fertig bin, es in Schutt und Asche zu legen,“ oder „Mit erst 9 Millionen Vertriebenen und 50% des Landes zerstört habe ich erst die Hälfte meines Lebenswerks vollendet.“
Das Medienzentrum des oppositionellen Ortes Kafranbel kontert die Verfassungsänderungen mit Gegenbedingungen: „ Wir fordern, dass syrische Präsidentschaftskandidaten in alle syrischen Provinzen kommen müssen, um ihr Wahlprogramm vorzustellen … Wir warten auf euch 🙂 “.