Der gefürchtete Himmel – #ClearTheSky

Weather in Syria by Noura Aljawzi on Twitter
Weather in Syria by Noura Aljawzi on Twitter

Ein trauriges Muster prägt die Kriegsdynamik in Syrien: Wann immer die internationale Gemeinschaft bestimmte Formen der Gewalt verurteilt hat, hat dies nicht zu Deeskalation sondern zur Eskalation beigetragen. Diplomatisch war es kein gelungener Schachzug, früh zu erklären, man werde in Syrien nicht intervenieren, denn das Regime interpretierte dies als Erlaubmis, den Aufstand mit allen Mitteln niederzuschlagen, lange, bevor aus den Reihen der friedlich Protestierenden ernstzunehmende bewaffnete Gruppen hervorgingen. Wie es der syrische Menschenrechtsanwalt Anwar al-Bunni unlängst noch einmal auf den Punkt brachte: „Ich habe Anders F. Rasmussen immer wieder gewarnt: Seid doch einfach still, selbst wenn ihr nicht intervenieren wollt, sagt es einfach nicht. Aber sie konnten die Klappe nicht halten.“

Die Warnung des US-Präsidenten Barack Obama vor dem Einsatz von Chemiewaffen im August 2012 bescherte den Zivilisten in Syrien einen blutigen Herbst: in den Monaten nach der Ankündigung dieser roten Linie war es, dass Human Rights Watch und Amensty international verheerende Häufungen der Angriffe der syrischen Luftwaffe auf die Warteschlangen vor den Bäckereien dokumentierten. Die harmloseste aller Tätigkeiten, Brot holen für die Familie, mit der in Syrien oft Kinder betraut waren, wurde plötzlich zu einer der riskantesten. Gleichzeitig wurden auch deutlich mehr der international geächteten Streubomben und Brandbomben eingesetzt.

Während die Welt im September 2013 gebannt verfolgte, wie durch Verhandlungen eine  unausweichlich scheinende militärische Intervention abgewendet wurde, bedeutete dies für SyrerInnnen keine Erleichterung sondern lediglich eine weitere Verschärfung ihrer Situation. Statt das Regime für seine undeklarierten Bestände – weltweit zu den größten gehörend – zur Rechenschaft zu ziehen und damit ein starkes Signal für internationales Recht zu setzen, war die Botschaft: es zahlt sich aus, internationales Recht zu brechen. Je schärfer die Verletzung, desto mehr Profit kann man als autoritäres Regime daraus schlagen, wenn man sich danach kooperativ gibt. Ein Beispiel, das in jedem Handbuch für das Überleben von Diktatoren Furore machen dürfte.

Mit seiner Verpflichtung, Chemiewaffen zu übergebenging einher, dass das Regime seine Angriffe mit den weitaus tödlicheren Fassbomben intensivierte. Selbst nach der UN-Sicherheitsresolution 2139 (2014), die explizit ein Ende der improvisierten, tödlichen Frachten forderte, warf das Regime mehr, nicht weniger Fassbomben ab, jetzt sogar teileweise mit Chlorgas gepaart.

AktivistInnen haben daher zum zweiten Gedenktag des Chemiewaffen-Massakers in Ghouta nicht nur an die damaligen Opfer erinnert, sondern eine Kampagne gestartet, in der sie ein Ende des Tods aus dem Himmel fordern: #ClearTheSky ist der Hastag, unter dem Planet Syria daran erinnert, dass Fassbomben die Hauptursache von Tod und Vertreibung in Syrien sind. In fünf knappen Punkten umreißen die AktivistInnen die Hauptpunkte, warum ein Ende der Luftangriffe der wichtigste Schritt  zu einer Befridung wäre. „Für die Kämpfe in Syrien kann es keine militärische Lösung geben. Aber wie damals in Bosnien kann eine Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung beitragen und helfen, die kämpfenden Parteien an den Verhandlungstisch zu bringen. Zu viele Syrer_innen verbringen ihre Tage damit, in den Himmel hochzuschauen und sich zu fragen, wann die nächste Fassbombe fallen und was sie treffen wird,“ heißt es im letzten Absatz der Forderungen.

Heute finden in Aachen und Köln Demonstrationen dazu statt. Aber auch zu Hause kann jederR seine Solidarität zum Ausdruck bringen, in dem er/sie ein Foto von sich macht, den Blick zum Himmel gerichtet, und es unter #ClearTheSky weiterverbreitet.