Mein wahrscheinlich letzter Besuch im Gazastreifen (bevor ich Ende September Palästina verlasse) macht mich traurig. So viel Talent, so viel Möglichkeiten, so viel junge, großartige Menschen – und so unwürdige Bedingungen. Heute besuche ich zum ersten Mal die Kunstgalerie Eltiqa, eine von zwei Kunstgalerien im Gazastreifen. Die wunderbaren Künstler verarbeiten, wenig überraschend, die Lage im Gazastreifen in ihrer Kunst, den letzten mörderischen Krieg in ihren Bildern. Raed Issa hat im Krieg sein Haus verloren. „Schlimmer als die zerstörten Bauten sind die vielen verlorenen Erinnerungen.“ Die malt er auf seine Bilder zwischen Schuttberge und schafft ihnen so einen neuen Ort. Gazas Künstler leiden unter der Blockade.
Die benötigten Materialien, von Farben über Leinwände kommen kaum herein, müssen meist über ausländische Diplomaten eingeschmuggelt werden – als wäre auch die Kunst eine verbotene Waffe. Vor allem aber sagt Mohamed Abusal: „Kunst lebt mehr als alles andere vom Austausch, von den weltweiten Debatten.“ Aber die Künstler aus Gaza können nicht reisen. Raed hatte in den letzten Jahren Stipendien oder Ausstellungsangebote aus Europa, Mexiko, Japan und anderen Orten – aber herausgekommen ist er nie. Mohamed hat gerade ein Visum, um nach Frankreich zu reisen, aber er bekommt von Israel keine Erlaubnis für die Ausreise. So geht es Tausenden junger Menschen im Gazastreifen, die in die Isolation gezwungen werden, und dazu noch unter strenger Kontrolle der Hamasregierung stehen. Keinen Ort in Palästina habe ich in den letzten Jahren so lieben gelernt wie Gaza; es ist traurig zu sehen, wie Politik von außen mutwillig eine ganze Gesellschaft zerstört. Aber auf Dauer kann man fast 2 Millionen Menschen nicht einfach wegsperren. Ich freue mich auf den Moment, wenn Gazas junge Bevölkerung endlich in Würde leben und reisen kann.
Dazu ruft aktuell eine Avaaz-Petition auf, die hier unterzeichnet werden kann.