Im Überschwang der Geburtsvorbereitungen kann einem leicht der Überblick verloren gehen, was noch gemacht werden muss und was man mit ins Krankenhaus nehmen sollte. Dem versuchen Webseiten und einschlägige Magazine mit Listen abzuhelfen – weltweit, aber in den Empfehlungen keineswegs einheitlich.
LibanesInnen würden sich bei den deutschen Ratgebern wahrscheinlich den Kopf darüber zerbrechen, was es mit „Pezziball, falls im Kreissaal nicht ausreichend vorhanden“ auf sich hat, mit Globuli und Duftlampen (hier könnte man allerdings davon ausgehen, dass Weihrauchgefäße in Beiruter Hospitälern garantiert vorhanden sind). Während man im Libanon schon einen wirklich schlechten Tag haben müsste, damit man seinen Selfie-Stick ausgerechnet auf dem Weg zur Klinik nicht greifbar hätte, würde man sich fragen, wie man das in deutschen Aufzählungen gern erwähnte „Kleingeld fürs Telefon“ ins Handy bekommt.
„Im Geburtsvorbereitungskurs in Deutschland hat man uns gefragt, wie wir uns die Umgebung bei der Geburt vorstellen. Ich hatte mir das Beiruter Krankenhaus ja schon angesehen und allen anderen im Kurs blieb ein wenig der Mund offenstehen, als ich geantwortet habe: ‚alles weiß gekachelt, mit Gittern vor der Tür, also ein bisschen wie ein Gefängnis‘,“ erzählt eine Bekannte. Spätestens nach der Geburt habe sie die Gitter zu schätzen gewusst: In libanesischen Familien sei es Usus, sich sofort und zahlreich zur Feier des freudigen Ereignisses ins Krankenhaus zu begeben, und die Gitter hätten ermöglicht, das Limit von nur je zwei BesucherInnen gleichzeitig aufrecht zu erhalten.
Entsprechend viel Aufmerksamkeit wird in den libanesischen Hinweisen auch der Sorge um die Besucher gewidmet. Man möge seine Augenbrauenpinzette nicht vergessen und die Väter sollten an frische Kleidung und Deo für sich denken, heißt es. Unter „Extras“ aufgeführt: „Ein Tablett, um den Besuchern Schokolade zu reichen“ sowie „kleine Geschenke, um sie den Besuchern als Andenken an die Geburt zu geben.“ In einem Nobel-Krankenhaus in Clemenceau ist in der Eingangshalle ein Grundriss der Suite abgebildet, in der man in den Tagen nach der Geburt mit seinem Hauspersonal residieren könne, und es liegt eine Broschüre aus, wie die Schönheitschirurgen desselben Krankenhauses umgehend ihre Arbeit aufnehmen könnten, damit es nicht wirkt, als sei nach der Geburt vor der Geburt.
Der Druck, die zusätzlichen Kilos sofort loszuwerden, ist auch andernorts vorhanden, doch an wenigen Orten bekommt man so unverfroren-kritische Kommentare zum Aussehen wie im Libanon und in kaum einem anderen Land wird mehr zum Messer gegriffen, um den eigenen Körper um jeden Preis zu perfektionieren. Als der um Verbraucherschutz bemühte Minister Abu Faour im Frühjahr dieses Jahres zahlreiche selbsternannte „Beauty Parlours“ schließen ließ, weil sie kein qualifiziertes Personal oder haarsträubende hygienische Zustände hatten, protestierten Besitzer der Salons am Weltfrauentag dagegen: Schönheit sei ein Frauenrecht, lamentierten sie – auch wenn man ihr Wirken zum Teil sicherlich eher als Körperverletzung hätte beschreiben können.
Auf beiden Checklisten steht ein Fön. „Kommt ganz auf das Krankenhaus an“, winkt meine Kollegin ab. „In Sin el-Fil zum Beispiel kann man sich einfach den Friseur ins Zimmer bestellen, damit er einem die Haare legt.“ Beim Kostenvoranschlag für eine Geburt gilt es zu wählen. Die Unterschiede sind im Wesentlichen die Zimmerbelegung – aber auch andere Leistungen sind preiswerter, wenn man sich für ein Mehrbettzimmer entscheidet: „Wer das tut, kann es sich wahrscheinlich anders nicht leisten. Man kriegt die gleichen Schmerzmittel, die gleiche Betäubung, aber einen Preisnachlass aus sozialen Gründen,“ erklärt der Arzt, und fragt, ob wir eine Beschneidung wollen, wenn es ein Junge wird. Ob Christen oder Muslime, im Libanon ist dies für alle Standard; wer es für sein Kind anders will, sollte es vorher ankündigen. „Und wenn ihr ein Mädchen kriegt, sagt ihnen auch vorher Bescheid, falls ihr nicht wollt, dass sie sofort Ohrlöcher stechen,“ fügt eine Freundin hinzu.
Der ultimative Tipp für werdende Väter im Libanon: „Viele kleine Scheinchen … Ein Trinkgeld für diese Krankenschwester, eines für jene … man weiß ja, wie das hier läuft!“