Nachts an Gate 13

Marien-Statue (c) Bente Scheller
Marien-Statue (c) Bente Scheller

Flughafen Beirut, mitten in der Nacht. Am Gate 13 haben zwei Reisende jeweils eine Madonnenstatue neben sich stehen, größer als ihr eigentliches Handgepäck.

„Haben Sie die immer dabei, wenn Sie auf Reisen gehen?“ frage ich. Ich habe im Libanon mehr Schreine als in meinem ganzen vorherigen Leben zusammen gesehen, und überhaupt zum ersten Mal Leute, die sich, wenn sie an einer Kirche vorbeigehen, bekreuzigen. In meinem Haus sind regelmäßig Nachbarn damit beschäftigt, die Flure mit Weihrauch zu vernebeln. Viele Taxifahrer haben wahlweise Kreuze, Rosenkränze, kleine Ausgaben des Korans, Anhänger von Fatimas Hand oder „blauen Augen“ an den Spiegeln. Insofern erscheint es mir keinesfalls unmöglich, dass diese Herren auch gedacht haben könnten, je näher man dem Himmel komme, desto sichtbarere Schutzpatroninnen führe man am besten mit sich.

Die beiden Passagiere lachen. „In Zypern kriegt man sowas nicht,“ sagt der eine. „Du weißt, orthodox und nicht orthodox, die einen haben es mit Ikonen, die anderen nicht.“

„Ja,“ fügt der andere hinzu, „und in meinem Dorf wissen alle, dass ich jede Woche in den Libanon reise. Die ganzen alten Damen beknien mich, ihnen doch eine Marien-Statue mitzubringen. Drei Mal schon hatte ich eine als Fracht aufgegeben, und immer sind sie kaputt gegangen. Das reicht, habe ich gesagt, nun kommen sie mit ins Bordgepäck.“


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