Er heißt al Badawi – der Nomade , obwohl er mit Sicherheit noch nie seinen Standort verlagert hat. Im Gegenteil, der wohl älteste Olivenbaum der Welt steht fest verwurzelt in der steinigen Erde Palästinas, ein gewaltiger Baum mit zahlreichen Ablegern, die ihn umstehen wie die Leibwächter. Möglicherweise wuchs er in der Zeit heran, als in Ägypten die ersten Pyramiden gebaut wurden. Japanische Forscher attestieren ihm jedenfalls ein Alter von zwischen 4000 und 5000 Jahren. Benannt wurde er nach einem lokalen Weisen, Ahmed al Badawi, benannt, der vor 200 Jahren in seinem Schatten zu sitzen pflegte und dort seinen Gedanken nachhing und philosophierte. Er ist 12 Meter hoch und hat – mit seinen Ablegern – einen Durchmesser von 25 Metern. Seine Krone beschattet ein Gelände von 250 Quadratmetern.
Heute ist Al Badwai das Wahrzeichen des kleinen Ortes al Walajeh bei Bethlehem, das sich malerisch in die von Oliven- und Nussbäumen bestandenen Hügel schmiegt. Früher verfügte Al Walajeh über mehr als zwei Dutzend Quellen, heute sind es noch zwei, die kaum noch Wasser spenden. Denn die israelischen Siedlungen, zwischen denen Al Walajeh eingeklemmt ist, rücken immer näher. Das Dorf hat schon einen großen Teil seines Landes an diese beiden Siedlungen verloren. 4209 Dunam (etwa 420 Hektar) werden zusätzlich von der israelischen Sperrmauer aufgefressen, die das Dorf schon fast vollständig umgibt. Wenn die Mauer fertiggestellt ist, wird der Ort fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten sein. Die Bewohner können ihren Ort dann nur noch durch ein einziges Tor verlassen, das von israelischen Soldaten bewacht wird. Auch der alte Olivenbaum könnte in Gefahr geraten, denn die Mauer wird nur wenige Meter an seinem Standort vorbeiführen und könnte seine Wurzeln beschädigen und das Grundwasser stören, aus dem er sich speist.
Doch noch steht er, majestätisch und gelassen, und seine Oliven spenden noch immer dickflüssiges und aromatisches Olivenöl, dem sogar Heilkräfte nachgesagt werden.