[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=mDen2JazE9M[/youtube]Regelmäßig werden in Deutschland Artikel über Namen veröffentlicht, die Standesämter nicht zulassen. Ob „Pepsi“ oder „Pumuckl“ – der Staat möchte die Kinder vor Spott und Verunglimpfung schützen, die die Namenswahl ihrer Eltern eventuell mit sich bringen würde. In anderen Ländern sind der Namensgebung weniger Grenzen gesetzt, dabei kann es natürlich auch eine schwere Bürde sein, nach prominenten Figuren benannt zu werden.
Vor einigen Wochen hat die syrische oppositionelle Webseite Zaman al-Wasl einen Artikel über Syrer veröffentlicht, die nach dem ehemaligen Präsidenten Hafez al-Assad oder seinem eigentlich fürs Präsidentenamt vorgesehenen Sohn Bassel, benannt sind, der 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Fast alle Hafez‘ und Basels, um die es hier geht, kommen aus dem syrischen Nordosten, kein einziger aus Assads Heimatregion an der Küste. Was sie jenseits der pikanten Benennung verbindet: Sie sind alle zur Fahndung ausgeschrieben, zwölf „Hafez al-Assads“ und sieben „Bassel al-Assads“. Einer, weil er desertiert sei, einer, weil er den Militärdienst verweigert habe – über die anderen ist nicht bekannt, weswegen sie gesucht werden.
Während es schon unangenehm sein mag, einen solch eindeutig besetzten Namen zu tragen, wie mag es wohl sein, einen Fahndungsbefehl mit Namen auszustellen, die niemand in den Dreck ziehen darf? Ein „Bashar al-Assad“ taucht auf den Listen nicht auf, vielleicht, weil er nie populär genug war, dass Leute ihre Kinder nach ihm benennen wollten – oder, weil niemand sich traut, auch nur einen Namnesvetter zur Fahndung auszuschreiben.
Hafez – Bassel – Bashar, die heilige Dreifaltigkeit der syrischen Plakatwände. Damit Bashar neben dem zum weisen Staatsmann stilisierten Hafez und dem als bärtigem Muskelprotz dargestellten Bassel nicht zu lächerlich aussah, hüllte der Ikonenmaler oft alle drei in unkleidsamen Flecktarn und versuchte, Bashar mittels einer aufgepinselten verspiegelten Sonnenbrille Autorität zu verleihen.
Allgegenwärtig waren in Syrien Assad-Statuen, Assad-Plaketten, Assad-Poster – letztere gern mit den immer gleichen Leitsprüchen versehen, damit man nicht vergessen konnte, wie das Regime sein Land sah: als Besitz. „Willkommen in Assads Syrien“ sprang es einem schon am Flughafen entgegen. Den Personenkult und die inszenierten Huldigungen karikierte die syrische Organisation Bidayyat in dem Video: „Ich liebe den Tod.“ Die schauspielerischen Leistungen der Satiriker stehen denen der syrischen Parlamentarier bei der offiziellen Bekanntgabe des Todes von Hafez al-Assad im Jahr 2000 in nichts nach.
„Ja – bis in alle Ewigkeit“ lautete ein gängiger Slogan, das „a“ im „Ja“ zum Herz geformt. Irgendwann reichte auch das nicht mehr. Wie der libanesische Intellektuelle Elias Khoury festhält: „Aber die despotische Fantasie von Präsident Assad Senior übertraf die aller seiner Vorgänger: Irgendwann las man auf den Jubeltransparenten nicht mehr nur ‚Assad auf ewig‘, sondern er wurde mit ‚Präsidenten auf ewig und die Zeit danach‘ tituliert. Was nach der Ewigkeit kommt, hatte ich mir nie vorstellen können. Erst seitdem ich sehe, wie Baschar al-Assad die Ewigkeit seines Vaters praktiziert, indem er Syrien niederbrennen und zerstören lässt, und indem er sich jetzt, im Anschluss an die Ewigkeit, erneut zur Wahl gestellt hat, um nun weiter über die Ruinen zu regieren, verstehe ich, was damit gemeint gewesen sein könnte. ‚Assad oder wir brennen das Land nieder‘.“
Daneben nimmt es sich geradezu schlicht aus, dass eine syrische Familie ihrem Sohn den Slogan „Ja zu Hafez al-Assad“ als Namen gegeben hat.