Viele Bilder und Videos aus Syrien bieten sich nicht an, um sie öffentlich zu teilen.Vieles von dem was ich mir anschaue, möchte ich noch nicht einmal beschreiben. Aber nicht immer sind die blutrünstigsten Bilder auch die schrecklichsten. Ich weiß nicht, welches der Bilder der vergangenen Woche ich am fürchterlichsten finde: Das von der Mutter, die das Glück hatte, noch zwei Katzen aufzutreiben, die sie ihren Kindern kochen konnte. Oder das, auf dem man ein Brot sieht, das die syrische Armee an einem Stock angeblich ins Palästinensercamp Yarmouk hält, bei dem es heißt, dass im Hintergrund die Heckenschützen auf der Lauer liegen. Das Camp wird seit über einem Jahr belagert und systematisch ausgehungert. Hier und in anderen Orten im Umland von Damaskus zogen sich mehrere Menschen Lebensmittelvergiftungen zu, weil sie in ihrer Verzweiflung Viehfutter aßen. Bei Verhandlungen mit belagerten Gebieten war die Maßgabe, im Gegenzug für humanitäre Versorgung sollten die Bewohner nicht nur den Kampf einstellen, sondern Regimeflaggen an die Häuser hängen. Das ist das Regime-Verständnis von „Brot und Spiele“.
Jeder hat seine eigene Art der Vorbereitung auf Genf II. Die Vereinten Nationen erklärten vergangene Woche, sie würden die Opferzahlen des Konfliktes nicht mehr aktualisieren, weil es zu schwierig geworden sei, diese zu verifizieren. Das wird es noch bequemer für die Weltöffentlichkeit machen, auszublenden, dass der eigene Unwillen zu handeln nicht eine Stagnation des Konfliktes bedeutet, sondern dass mit jedem Tag, den man untätig verstreichen lässt, mehr Männer, Frauen und Kinder ihr Leben lassen.
Syrische moderate Gruppen setzen sich gegen Extremisten zur Wehr und haben es in vielen Orten geschafft, aus eigener Kraft und ohne Unterstützung von außen salafistische Gruppen zurückzudrängen.
Die russische Regierung intensiviert ihre Waffenexporte an das Regime.
Und das syrische Regime selbst nutzt die Zeit, um unbeirrt mit Luftschlägen gegen Wohngebiete fortzufahren. Seit den Verhandlungen über Chemiewaffen hat es massiv die Zahl der über insbesondere Aleppo abgeworfenen Sprengstofffässer erhöht. Es ist nicht so, dass es keine anderen Waffen mehr hätte. Dies ist nur die preiswerteste Möglichkeit, so viel Verwüstung wie möglich in kürzester Zeit anzurichten. Gleichzeitig setzte es unbarmherzig die Belagerung vieler Orte und Landstriche fort. Der Effekt: die Machtübergabe – das eigentliche Thema von Genf II, ausweislich des ursprünglichen Plans vom Juni 2012 – tritt völlig in den Hintergrund. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, humanitäre Versorgung der Bevölkerung, ist damit zum Fokus vieler derer geworden, die über Genf II sprechen, mich eingeschlossen. Die Hoffnung, dass politisch irgendetwas konstruktives erreicht werden kann, tritt über diesen elementaren Bedürfnissen in den Hintergrund. Dabei wäre eine Machtübergabe wichtiger denn je. Kaum etwas zeigt deutlicher, dass Assad die syrische Bevölkerung allenfalls als Faustpfand für das Überleben der eigenen Machtclique betrachtet. Doch Assad wird sich zurücklehnen, vielleicht einige kleinere Zugeständnisse machen und sich darauf verlassen, dass die Opposition zerstritten ist, zerstritten bleibt, und er von der internationalen Gemeinschaft als einziger Partner erachtet wird.
Als es hieß, in Genf seien für das fragliche Konferenzdatum die Hotelzimmer bereits ausgebucht, spottete die Twitter-Community, vielleicht könnte man die Delegierten in UNHCR-Zelten unterbringen. Vielleicht könnte man fürs Abendessen auch Köche aus Moadhamiya gewinnen. Nur würde das Menü wahrscheinlich die Tierschützer auf den Plan rufen.