Time Magazine sucht den Superstar

“Wählt die politischen Entscheidungsträger, Künstler, Innovatoren, Ikonen und Helden, die ihr für die einflussreichsten Menschen der Welt haltet,” fordert das Time-Magazine die Leser seiner Online-Ausgabe auf. Unter den 153 Nominierten: Bashar al-Assad. Kurzbeschreibung:

Graffiti in Beirut: "Das Volk stürzt das Regime"
Graffiti in Beirut: „Das Volk stürzt das Regime“

„Syrischer Machthaber, der versucht, die Kontrolle über eine vom Bürgerkrieg gespaltene  Nation zu behalten“. Kein Wort von über 70.000 Menschen, die überwiegend auf Befehl des Regimes getötet wurden, kein Wort davon, dass die gewaltsame Niederschlagung der friedlichen Proteste erst eine bürgerkriegsartige Situation heraufbeschworen hat.

Prominente Syrerinnen und Syrer haben im Zuge der Revolution viel Aufmerksamkeit in internationalen Medien erhalten – im positiven Sinne allerdings eher diejenigen, die für politische Veränderungen eintreten. Einige haben es unter die „100 weltweit interessantesten Denker“ des Magazins „Foreign Policy“ geschafft. Im Jahr 2012 wurde die Aktivistin Rima Dali für ihr Engagement – unter anderem die Gründung der Kampagne: „Stoppt das Töten – wir wollen ein Syrien für alle schaffen“  – gemeinsam mit Bassel Khartabil auf Platz 19 der Liste gewählt. Im Jahr zuvor hatte der Karikaturist Ali Farzat, dem Schergen des Regimes die Hände gebrochen hatten, es auf Platz 1 gebracht, gemeinsam mit der Menschenrechtsanwältin und politischen Aktivisitin Razan Zeitouneh. 

Erstaunlicher noch als Assads Nominierung durch das TIME Magazine ist die hohe Wahlbeteiligung. Ein Mann, der im eigenen Land nie freie Wahlen zugelassen hat, hält sich der Stimmanzahl nach konstant zwischen dem zweiten und dritten Rang – und Zustimmung („absolut!“) und Ablehnung („auf keinen Fall!“) halten sich die Waage. Ein Erfolg der syrischen Propaganda? Oder der Syrischen Elektronischen Armee, die im Auftrag des Regimes beständig unterwegs ist, um unliebsame Webseiten zu hacken? Viele Syrerinnnen und Syrer sehen Assad eher so, wie ihn die syrische Künstlergruppe Masasit Mati schon 2011 satirisch in Szene setzte: Als aufstrebenden Star der Sendung „Wer wird millionenfacher Mörder?“